Für die Psyche habe es aber auch Nachteile, wandte Andreas Wendland,
Betriebsratsvorsitzender bei Siemens ein, der ebenfalls auf dem Podium saß.
„Home-Office führt zur Selbstausbeutung, wenn nicht mehr klar ist, wann Arbeit
und wann Feierabend ist.“ Nacke bietet seinen Mitarbeitern daher Schulungen zum
Zeitmanagement an.
Immer mehr Firmenchefs machten sich jetzt Gedanken
darüber, wie sich Familie und Beruf vereinbaren lassen, sagte Hans-Bernd Felken
von der Industrie- und Handelskammer Bocholt. Der Fachkräftemangel zwinge sie
dazu. „Die Mittelständler müssen das erst spüren“, sagte Felken, dann handelten
sie auch. Ähnlich sah das auch Christoph Bruns von der Kreishandwerkerschaft für
seinen Berufsstand. Zwar seien im Handwerk hauptsächlich Männer vertreten - „das
Berufswahlverhalten hat sich noch nicht so grundlegend geändert“ - doch die
wollten jetzt auch mehr Zeit mit der Familie verbringen.
„Heute wird ja
nicht mehr darüber gelacht, wenn Väter Elternzeit nehmen wollen“, sagte
Wendland. Auch einen Karriereknick bedeute das inzwischen nicht mehr, weil die
Firmen auf die Fachkräfte angewiesen seien. Deshalb baue Siemens ja auch eigens
einen Betriebskindergarten, „um die Fachkräfte aus den Ballungsräumen hierher zu
locken“. Ein Betriebskindergarten, so Wendland, „das wäre vor 20 Jahren gar
nicht zu diskutieren gewesen“.
Von dieser Zeit berichtete Hermann
Hölscheidt, KAB-Diözesansekretär aus Münster. Er war in den 90ern neun Jahre
lang Hausmann - und „absoluter Exot“. Eine sehr schöne Zeit sei das gewesen,
sagte er am Donnerstag. Als er allerdings 1997 einen beruflichen
Wiedereingliederungskurs machten wollte, habe die Gleichstellungsbeauftragte ihn
abgelehnt. Die Kurse seien nur für Frauen, habe sie gesagt.
„Über dieses
Stadium sind wir hinaus“, sagte dazu die Gronauer Gleichstellungsbeauftragte
Edith Brefeld, die zur Podiumsdiskussion gekommen war. „Wir wollen emanzipiert
sein, aber nicht auf Kosten der Männer.“ Mann und Frau sollten sich auf
Augenhöhe begegnen.