Sechs Kinder finden in dem
aus Dänemark stammenden Kinderbus der Marke Winther 801 Turtle Platz.
Die Maße der kolossalen Kinderkarosse sind beeindruckend: 174
Zentimeter lang, 75 Zentimeter breit und 105 Zentimeter hoch. Ein
seitliches Trittbrett ermöglicht den Einstieg, eben wie bei einem
richtigen Bus. Eine drehbare Achse vorn erleichtert das Manövrieren,
eine Handbremse bringt das 36 Kilo schwere Gefährt auch voll beladen
verlässlich zum Stehen.
Justus, Joshua, Christian, Hannah und Canberk haben es es sich im
Kinderbus bequem gemacht. „Enten gucken!“, quengeln sie. Der Vormittag
ist kurz. Und in der Stadt gibt es viel zu sehen.
Vom MV-Verlagsgebäude aus geht die Fahrt unter den verdutzten, manchmal
auch belustigten Blicken der Passanten zur Emsstraße, wo Andrea Büscher
auf dem abschüssigen Teil die Bremswirkung des Gefährtes unter Beweis
stellt. Dann wendet sie den Kinderbus und es geht wieder bergauf.
Andrea Büscher ist eine große, kräftige Frau. Trotzdem macht ihr die
Steigung etwas zu schaffen. Erleichtert biegt sie in die Münsterstraße
Richtung Marktplatz ein. Auf dem Kopfsteinpflaster werden die kleinen
Fahrzeuginsassen ziemlich durchgeschüttelt. Geländegängig ist der
Kinderbus nicht gerade. An einem Marktstand wird ein Zwischenstopp
eingelegt und Proviant geladen - jedes Kind bekommt eine Banane.
So oft wie möglich fährt Andrea Büscher „ihre“ Kinder im Kinderbus
spazieren. Die 46-jährige ehemalige Bundeswehr-Verwaltungsangestellte
hat vor drei Jahren zur Pflegemutter umgeschult, als die
Luftwaffenbasis in Hopsten-Dreierwalde endgültig geschlossen wurde.
Über Grund- und Aufbaukurse und in Fortbildungsmaßnahmen bei der FBS
hat sie sich qualifiziert. „Kinder sind doch so was Schönes. Das ist
mein Traumberuf“ sagt die Mutter einer neunjährigen Tochter.
Mit zwei Kindern fing es vor drei Jahren an, heute betreut Andrea
Büscher fünf Kinder zwischen einem und zweieinhalb Jahren. „Aber damit
kommt man dann kaum noch vor die Tür“, weiß sie. Zwar haben die Kinder
in dem großen Haus mit Garten auf dem Dorenkamp viel Platz. „Aber die
wollen auch mal raus, mal was anderes sehen.“ Doch womit? Das passende
Gefährt, den Kinderbus, fand Andrea Büscher ziemlich schnell im
Internet bei einem dänischen Hersteller. Aber der XXL-Kinderwagen
kostet rund 1500 Euro in der Basisausführung. Die zahlt eine
Pflegemutter nicht mal eben aus der Portokasse. Andrea Büscher suchte
einen Sponsor - und fand ihn schließlich nach zwei Jahren Klinkenputzen
in der Firma Apetito, die ein großes Herz für Kinder hat. Da
Firmenspenden an Privatleute rechtlich problematisch sind, gehört der
XXL-Kinderbus offiziell dem Caritas-Verband. Er ist jedoch bei Andrea
Büscher stationiert und kann von anderen Tagesmüttern dort gebucht
werden.
„Ist das Essen auf Rädern?“ will ein junger Mann, auf das Apetito-Logo
deutend wissen, als der Kinder-Truck vom Marktplatz aus in Richtung Ems
rumpelt. Andrea Büscher lacht. Die Kommentare der Passanten stören sie
nicht, im Gegenteil - sie freut sich über die Aufmerksamkeit. „Das ist
ja irgendwie auch Werbung für unseren Beruf. Tagesmütter gibt es
nämlich noch viel zu wenige“, weiß sie. Und dann geht es ab auf die
Emspromenade - Enten gucken.