In dem Antrag, den die Kreise im Februar 2008 auf den Weg nach Düsseldorf gebracht haben, werden als Handlungsfelder hervorgehoben: Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit und Gegensteuern beim Fachkräftemangel. Dies sei mit weiteren Qualifizierungsmaßnahmen nur bedingt möglich. „Frauen sind heute besser ausgebildet als je zuvor. In einer immer älter werdenden Gesellschaft können wir es uns einfach nicht leisten, auf dieses Potenzial zu verzichten“, betonte Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann.
Der Anteil der Frauen am Erwerbsleben steigt auch im Münsterland, ihr Anteil an der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung entspricht aber nach wie vor nicht dem an der erwerbsfähigen Bevölkerung, im ländlichen Raum wird eine Quote von 40 Prozent nicht erreicht. Dieses Bild verschärfe sich noch, da viele Frauen Teilzeit arbeiten oder einen Minijob haben. Der Arbeitskreis „Frau&Beruf Münsterland“ stellt dazu fest, dass das Ziel „einer Existenz sichernden Erwerbstätigkeit beider Geschlechter nicht erreicht ist.“ Deshalb gelte es, ein Dauerproblem des münsterländischen Arbeitsmarktes anzugehen: die Frauenunterbeschäftigung beziehungsweise - erwerbslosigkeit, heißt es in dem Bericht weiter. „Wenn viele Studierende nach ihrem Studium eine Perspektive im Münsterland sähen, blieben sie sicherlich gerne hier“ ist Wolfgang Bischof von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Steinfurt überzeugt. „Während es den Universitätsbeziehungsweise Fachhochschulstandorten wie Steinfurt und Münster offensichtlich gelingt, einen Teil der hier ausgebildeten Fachkräfte an den Standort zu binden, ist in der Fläche die Zahl der Kommunen mit unterdurchschnittlicher Qualifikationsstruktur relativ groß“, wird in dem Antrag die Ausgangslage beschrieben und nicht mehr von einem Qualifikationsengpass, sondern bereits von einer Lücke gesprochen. Wesentlicher Handlungsbedarf wird auch in der Verbesserung der „weichen Strukturen“ gesehen, die qualifizierte Mitarbeiter an das Münsterland binden. „Eine familienfreundliche Personalpolitik der Unternehmen, ein Markt für entlastende haushaltsnahe Dienstleistungen und eine kommunale Familienpolitik mit entsprechender familienbezogener Infrastruktur sind hier die Stellschrauben, die integriert bedient werden müssen“, heißt es in dem jetzt bewilligten Antrag wörtlich. Bisher fehlen dafür übergreifende Konzepte und auch der lange Atem. Dem will die Münsterlandinitiative entgegenwirken mit der Aufbereitung vorhandener Wissensbestände, passgenauen Informationen für kleine und mittlere Unternehmen zum Themenkomplex „Familienfreundlicher Betrieb“ und durch Beratung zur Arbeitszeitflexibilisierung. Familienfreundliche Betriebe sollen außerdem ein Siegel erhalten. Mindestens 50 Betriebe sollen in den nächsten drei Jahren so ausgezeichnet werden, später soll das Siegel auch landesweit vergeben werden. Geplant sind außerdem konkrete betriebliche Engagements der Firmen in Form von Betriebskindergärten, Kooperationsmodellen in Form des Einkaufs von Platzkontingenten in Kindergärten, Vereinbarungen zur Betreuung in Notfällen. Weiter ist geplant, lokale Netzwerke (zum Beispiel Bündnisse für Familien, Runde Tische) zu schaffen. Das Projekt wurde vom CDU-Bundestagsabgeordneten Karl Schiewerling initiiert. Er hatte im Jahr 2006 im Kreis Coesfeld das Netzwerk „Familie – Arbeit – Mittelstand“ mitgegründet. Deren Ziel ist es, die Familienfreundlichkeit in und für die Wirtschaft zu stärken. Bisher gibt es in den drei Kreisen elf offizielle lokale Bündnisse für Familie, davon zwei im Kreis Steinfurt (Altenberge und Steinfurt). 15 lokale neue Netzwerke sollen im Münsterland gegründet werden, bestehende wie „Starke Unternehmen – starke Region“ erweitert werden, sieht das gemeinsame Konzept weiter vor.
VON REINER MENEBRÖKER