Westfälische Nachrichten, 23.07.2010
FAMM überreicht erste Siegel für Familienfreundlichkeit
Kreis Coesfeld. Sie sind nicht nur die ersten beiden Betriebe,
die im Münsterland das Gütesiegel "familienfreundlich" bekommen haben.
Die "B+S Finnland-Sauna" aus Dülmen und "Orchideen von Miquel" aus
Billerbeck sind sogar die ersten in Deutschland. "Damit leisten Sie
Pionierarbeit und sind die ersten beiden Werbeträger für
familienfreundliche Unternehmen", freute sich gestern Landrat Konrad
Püning. Das neue Gütesiegel "Familienfreundlicher Mittelstand" wurde von
dem Netzwerk Familie-Arbeit-Mittelstand im Münsterland (FAMM)
entwickelt und richtet sich an kleinere bis mittlere Betriebe.
"Familienfreundlichkeit ist ein wichtiges Kriterium, um Fachkräfte an
Betriebe zu binden", erläuterte Püning in der Pressekonferenz den
Hintergrund. Denn der demografische Wandel ziehe einen deutlichen
Rückgang an Erwerbspersonen und Fachkräften nach sich.
Seit 2008 arbeitet das auf drei Jahre angelegte Projekt FAMM, das vom
Land NRW und den vier Münsterland-Kreisen mit einer Million Euro
finanziert wird, an einer münsterlandweiten Strategie zur nachhaltigen
Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Arbeitsleben. "Wir
erreichen mit dem Siegel etwas, das bislang in Deutschland einmalig
ist", sagte Bundestagsabgeordneter Karl Schiewerling. Dabei gehe es
nicht unbedingt darum, etwas Neues zu erfinden, sondern die Stärken der
Region mit seinen überwiegend inhabergeführten mittelständischen
Betrieben hervorzuheben. "Viele Unternehmen im Münsterland finden
Familienfreundlichkeit selbstverständlich." Nicht nur für das
Münsterland soll das Gütesiegel ein Aushängeschild werden, es soll auch
andere Regionen aufs Münsterland aufmerksam machen - "sie können ja
kommen und gucken, wie es hier läuft".
In der ersten Pilotphase sei es darum gegangen, einen Kriterienkatalog
zu erstellen, berichtete Marcus Flachmeyer von FAMM. Nach diesem können
sich nun weitere Unternehmen zertifizieren lassen. Fünf Bereiche werden
dabei unter die Lupe genommen: Unternehmenskultur, Führung und
Kommunikation, Arbeitszeit-Flexibilität, Service- und
Unterstützungsangebote sowie Nachhaltigkeit. "Deutlich geworden ist,
dass für Mitarbeiter in kleineren und mittleren Unternehmen die
Unternehmenskultur, das Miteinander, die Kommunikation und
unbürokratische Entscheidungen weit wichtiger sind als etwa Angebote wie
ein Betriebskindergarten."
"Ich sehe mich als Unternehmerin auch in einer sozialen und
gesellschaftlichen Verantwortung", sagte Maria Schlieker von "Orchideen
für Miquel", warum sie in ihrem Betrieb besonderen Wert auf
Familienfreundlichkeit lege. Flexible Arbeitszeitregeln seien in ihrem
Betrieb genauso selbstverständlich wie ein Kinderbetreuungszuschuss.
"Wenn zu Hause jemand plötzlich krank wird, müssen halt unkomplizierte,
schnelle Lösungen her", meinte Anke Roggenkamp von B+S Finnland-Sauna.
"Wenn die Familie hinter der Tätigkeit des Partners steht, sind
Mitarbeiter motivierter und arbeiten effektiver."
Weitere Betriebe hätten bereits Interesse an einer Zertifizierung, so
Flachmeyer. Ziel sei es, bis zum Sommer des nächsten Jahres 60 Betriebe
mit dem Gütesiegel auszuzeichnen.